Nach dem Lesen des Artikels kennst du die Entstehungsgeschichte des Internets vom Web1, Web2 und Web3. du wirst wissen, was das Web3 ist und anhand von Beispielen die Anwendungen im Web3 kennenlernen. Abschließend gehe ich auf eventuelle Entwicklungen des Web3 ein.
Du hast also bereits von Web3 gehört, man hört und liest ja immer öfter darüber. Bestimmt bist du bei deiner Recherche auf viele unterschiedliche Definitionen gestoßen und dennoch nicht wirklich schlauer geworden. Für viele Internetnutzer sind solche Definitionen zu technisch und unverständlich aufbereitet. Aber gerade, wenn du geschäftlich interessiert oder gar Investor bist, solltest du den Trend des Web3 zeitnah verstehen. Innerhalb der nächsten Jahre wird das Web3 eine Vielzahl neuer Möglichkeiten bieten.
Das Internet vom Beginn bis heute
Zuerst möchte ich dir einen Einblick in das Web geben. Begonnen hat es damals Anfang der 90er Jahre. Das Internet bestand aus einer Mischung aus statischen Webseiten. Das bedeutet, sie waren nicht dynamisch und überwiegend für den Konsum von Informationen gemacht. du kannst es dir so vorstellen, dass das Internet ein „Nur Lesen“-Internet war. Es gab noch keine Interaktionen, wie wir sie heute kennen. Netflix, Instagram oder Facebook gab es damals noch nicht. Begonnen hat das Internet mit Websites wie Yahoo, GMX und Britannica Online. Die Infrastruktur dahinter wurde mit IP, HTTP, URI und HTML entwickelt und für die Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.
Trotz des Platzens der Dotcom-Blase und des Verschwindens von einigen Internetfirmen vom Markt im Jahr 2000, entwickelten kluge Köpfe weiterhin innovative Technologien wie JavaScript, HTML5 und CSS3. Aus diesen Weiterentwicklungen entstand über die folgenden Jahre das Web2. Nun war endlich die Dynamik im Vordergrund und vor allem die Interaktion durch das Internet mit Menschen auf der ganzen Welt. Wir kennen es: Dienstleistungen, Medien und E‑Commerce sind mittlerweile von überall auf der Welt aus nutzbar. Wir als Nutzer stellen den Anbietern die Daten zur Verfügung, indem wir die Apps und Websites nutzen und so die Funktionsfähigkeit der Angebote überhaupt erst ermöglichen. Dadurch haben sich die Web1-Nutzer von ausschließlichen Konsumenten zu Web2-Nutzern weiterentwickelt. Sie sind nicht mehr nur Konsumenten, sondern gleichzeitig auch das Produkt.
Damit du es dir bildlich vorstellen kannst, denke an Facebook. Bei Web1-Webseiten wie z. B. Britannica war es nur möglich, dass Nutzer auf die Website zugreifen konnten und dieselben Informationen erhielten. Im Web2 können zwei Nutzer auf dieselbe Website zugreifen und erhalten unterschiedliche Informationen, abgestimmt auf deren Nutzungsverhalten. Der Hintergrund dabei ist, dass Facebook von den Nutzern unterschiedliche Daten erhält. Das sorgt dafür, dass ebenso verschiedenartige Informationen zurückgegeben werden können und diese den Nutzern individuell angezeigt werden.
Die Weiterentwicklung von Web2 zu Web3
Wie Anfangs erläutert, hat sich durch das Web2 vieles für die Nutzer verändert. WhatsApp wird von einem Großteil der Menschen genutzt und auch Amazon ist nicht mehr wegzudenken. Wir buchen über Airbnb eine Unterkunft für den Urlaub und bezahlen mittels Online-Banking. Die Mehrheit der Nutzer wird sagen, dass das Web2 unseren Wohlstand erhöht und die Bequemlichkeit langfristig etabliert hat.
Doch mit neuen Technologien und gesellschaftlichen Entwicklungen kommen immer auch neue Herausforderungen. Im Gegensatz zum Web1 beinhaltet das Web2 eine Server-Client-Struktur. Kontrolliert werden alle Übermittlungen der Daten von einem zentralen Privatunternehmen. Unter diesen Umständen haben diese Konzerne eine extreme Macht, die mit einer Monopolstellung vergleichbar ist. Sie haben die Möglichkeit Barrieren zu schaffen, um den Eintritt neuer Marktteilnehmer zu erschweren oder sogar zu verhindern. Diese zentralen Unternehmen kontrollieren unendlich viele Web2-Anwendungen, wozu auch das Banken- und Finanzsystem gehört. Dadurch sind sie gleichzeitig Eigentümer der gesamten Nutzerdaten, die in den Anwendungen von Normalverbrauchern angegeben werden.
Das Web3 ist nun mit dem Anspruch angetreten, die Marktmacht dieser zentralisierten Akteure aufzubrechen. Anstatt alle Daten zentral auf einem Server zu speichern, sollen sie über ein dezentrales Computernetzwerk gestreut werden. Das führt dazu, dass die zentralen Instanzen nicht mehr die Kontrolle haben. Das folgende Beispiel dient der Veranschaulichung: Wenn du heute Geld von einer Bank zu einer anderen verschicken möchtest, dann nutzt du die zentralisierten Server des jeweiligen Banking-Anbieters. In diesem Fall ist die Bank der Intermediär (die Schnittstelle), da sie die Transaktion durchführt. Der Nutzer gibt all seine Daten an die Banken ab, die involviert sind und vertraut darauf, dass die Banken die Transaktion korrekt ausführen. Im Gegenzug verlangt die Bank für die Ausführung eine Gebühr. Das ist das Web2-Banking.
Doch im Web3 kannst du deine Transaktionen über eine dezentrale Blockchain verschicken. Das Web3 benötigt keinen Intermediär der Bank mehr, denn die Blockchain kann selbstständig die Richtigkeit der Transaktion überprüfen. Nur der technische und infrastrukturelle Aufbau der Blockchain mithilfe von Mathematik und Rechenleistung sorgt für den korrekten Ablauf der Transaktion. Der Vorteil für den Nutzer ist, dass er die Kontrolle über seine Daten behält, diese nicht an den Intermediär abgibt und dadurch ebenfalls keine Servicegebühren bezahlen muss. Der Nutzer des Web3 erhält die Eigentumsrechte an seinen Daten zurück und erlangt damit gleichzeitig die Datenhoheit wieder.
Anwendungsmöglichkeiten des Web3
Wenn wir zurückschauen, kann man sagen, dass der Startpunkt für das Web1 der Web-Browser Netscape war. Als Startpunkt für das Web3 kann man den Launch des Bitcoin-Netzwerkes ansehen. Denn die Kryptowährung benötigt keine Banken oder andere zentrale Instanzen. Das Bitcoin-Netzwerk stellt ein Peer-to-Peer-Netzwerk dar, basierend auf der Blockchain-Technologie. Dieselbe Technologie kam bei der Entwicklung des Ethereum-Netzwerkes zum Einsatz. Hier realisiert die Blockchain eine automatisierte Token-basierte Transaktion über Smart Contracts.
Mittlerweile laufen nicht nur auf der Ethereum Blockchain, sondern auch auf weiteren Blockchains, eine Flut an Anwendungen. Ein Beispiel ist das dezentrale Crypto Lending. Über eine Finanz-Plattform stellen Sparer ihre Liquidität zur Verfügung und erhalten dafür Zinsen. Das neue System wird als „trustless“ beschrieben, da in diesen Fällen keinem Dritten, also keiner Bank, vertraut werden muss. Die Transaktionen und die einzelnen Ketten der Wertschöpfung werden durch das Wegfallen eines Intermediären verkleinert.
Eine weitere Anwendung sind die Non-Fungible-Tokens. Sie werden kurz NFT genannt und stellen das verbriefte Eigentum an einem digitalen Vermögenswert dar. Diesen NFT gibt es in seiner Form nur einmal. Ein NFT kann zum Beispiel das Eigentum eines Kunstwerks, einer Domain oder eines Videos sein. Mithilfe von NFTs kann eine eindeutige Identifizierbarkeit des digitalen Gutes gewährleistet werden. Außerdem schafft es die transparente Dokumentation von digitalen Eigentumsrechten und deren Übertragung. All das, ohne zusätzlich einen Intermediär einzuschalten. Die Bedeutung des NFT ist damit wesentlich. Für Nutzer ist es nicht notwendig zu wissen, über welchen Bitcoin genau er verfügt – sie sind untereinander austauschbar, also „fungible“. Doch bei einem digitalen Eigentumsrecht, z. B. an einem Grundstück, ist es essenziell das Original zu besitzen.
Genau betrachtet ist auch ein Geldschein ein NFT. Jeder Schein hat seine eigene Seriennummer, um ihn von anderen unterscheiden zu können. In der Realität ist es aber egal, mit welchem Geldschein wir bezahlen. Das System kann jedoch alle Geldscheine voneinander unterscheiden. Die Bitcoins können nicht unterschieden werden. Für ein Zahlungsmittel spielt eine Unterscheidung keine Rolle. Handelt es sich jedoch um ein Kunstwerk, eine Grafik oder ein Eigentumsrecht an einer Immobilie, dann hat die vorher unbedeutende Rolle der Unterscheidbarkeit an enormer Wichtigkeit gewonnen.
Auch herkömmliche Unternehmenstypen könnten im Web3 durch neue Formen der Entscheidungsfindung ersetzt werden. Zum Beispiel durch Decentralized Autonomous Organizations („DAO”): DAOs ersetzen die traditionelle Hierarchie, die durch zentralisiertes Eigentum geprägt war, durch einen Governance-Mechanismus der auf Token basiert. So werden Entscheidungen durch Abstimmungen getroffen, wobei die Stimmrechte auf der Anzahl der Token basieren. Die Mitarbeitenden einer DAO werden für ihre Arbeit mit Token entlohnt. Sie erhalten also kein vom Management festgesetztes Gehalt, sondern werden gemäß ihres Beitrages zur gemeinsamen Mission mit Eigentumsrechten an der DAO entlohnt. Dadurch soll ein zusätzlicher Anreiz geschaffen werden, am Erfolg der DAO mitzuarbeiten.
Selbst demokratische Prozesse könnten im Web3 Token-basiert durchgeführt werden. Anstelle einer repräsentativen Demokratie, in der gewählte Volksvertreter zentralisiert Entscheidungen treffen, könnte im Web3 die direkte Demokratie eine Renaissance erleben. Gewählte Volksvertreter sind letztendlich auch Intermediäre, die man durch einen Token-basierten Governance Organismus ersetzen kann.
All diese Anwendungsfälle könnten schlussendlich im sogenannten Metaversum müden: Das Metaversum ist eine virtuelle Realität, in der Menschen miteinander kommunizieren, handeln, spielen, lernen oder auf andere Weise miteinander interagieren. Anders als im Web2, wo der User das Produkt ist, ist der User im Web3 gleichzeitig auch Eigentümer.
Unklarheiten und Schwierigkeiten des Web3
Aktuell ist das Web3 noch am Anfang der Entwicklung. Die größte Herausforderung ist die technologische Skalierbarkeit, denn ein zentrales Web, wie das Web2, ist derzeit deutlich schneller als ein dezentrales Netzwerk. Somit ist die Datenverarbeitung heute noch teils langsam. Das Web2 ist als zentralisiertes Netzwerk dem Web3 noch häufig überlegen. Aus diesem Grund sind die Bitcoin Transaktionen langsamer als Transaktionen über die Netzwerke von Visa oder Mastercard. Ebenso muss die Nutzerfreundlichkeit optimiert werden. Es ist komplizierter einen Kredit über eine Web3-Plattform aufzunehmen als zum Beispiel bei einer Web2-Bank.
Die Nutzung und die Funktionsfähigkeit des Web3 ist heute noch abhängig von der Infrastruktur des Web2. Diese Herausforderung muss in Zukunft ebenfalls bewältigt werden. Zurzeit wäre ein Großteil der Web3-Anwendungen nicht mehr nutzbar, wenn die Infrastruktur eines Anbieters wie Amazon Web Services ausfallen würde. Viele der dezentralen Apps werden von Venture Capital-Firmen finanziert. Dadurch erhalten diese eine erhöhte Anzahl an Token und damit die Entscheidungshoheit im Netzwerk. Zwei Beispielfirmen sind die Krypto-Börse Binance und das MakerDAO.
Wie wird also die Zukunft des Web3 aussehen?
Bevor die Vision in die Praxis umgesetzt werden kann, ist noch eine Menge Innovationsarbeit zu erbringen. Der Nächste Schritt wird sein, die Token-Ökonomie auf breiter Ebene einzuführen. Nachdem sich das Internet in den letzten Jahren von einer Informationsökonomie zu einer Plattformwirtschaft entwickelt hat, ist das der unausweichliche Weg.
Heute kann noch nicht eindeutig gesagt werden, wie die Entwicklung weitergehen kann. Es wird sehr wahrscheinlich eine Co-Existenz von dezentralisierten Protokollen neben zentralisierten Plattformen entstehen. Dabei werden die dezentralisierten Protokolle mittelfristig weiterhin Marktanteile hinzugewinnen. Schon jetzt haben dezentralisierte Finanzprotokolle Milliarden an US-Dollar in Assets under Management. Dieses bereits entstandene Wachstum wird sich auch in den kommenden Jahren weiterhin positiv entwickeln.
Ähnlich wie bei dem Verlauf von Web1 zu Web2 wird auch diese Veränderung von Web2 zu Web3 ein langer Innovationsweg werden. Erst nach einigen Jahren wird sich zeigen, welche Technologien und Geschäftsmodelle herrschend sind. Am Ende angekommen leben wir dann in einer neuen und faireren digitalen Welt.